Biografische Info
Nach einigen Jahrzehnten Berufstätigkeit als Lehrerin schwebte mir für meinen nächsten Lebensabschnitt vor, mich näher mit der Natur verbunden zu fühlen, einen langsameren Gang einzulegen und mein Tun und Lassen möglichst nachhaltig zu gestalten. Hier auf meinem Hof in Högebo lebe ich also mit meinen Islandpferden Skelmir und Reykja und mittlerweile auch mit meinem Hund Olly.
Wie alles begann
Das Ferienhaus am Fluss
Die Zitterpappeln zwischen Haus und Fluss rauschen im Südwind. Sie sind uns in den letzten Jahren hier in unserem Sommerhaus in Småland so vertraut geworden, dass ich glaube, unsere Kinder werden beim Geräusch von Wind in Pappeln immer zuerst an diesen Ort denken.
Vor vielen Jahren hatten mein damaliger Mann und ich das Gefühl, wir bräuchten einen Rückzugsort im Wald und wir erwarben ein Ferienhaus im småländischen Wald. Wir waren vom ersten Tag an zutiefst dankbar, dass wir uns für diese Häuschen, den Schuppen und den Naturgarten verantwortlich fühlen durften und wir hier einen Zufluchtsort hatten, zu dem wir, wann immer uns danach war, zurückkehren konnten.
Viele ungebetene Ratschläge prophezeiten uns, dass man mit Kindern in der Pubertät nicht davon ausgehen könne, dass sie mit den Eltern noch lange in den schwedischen Wald in ein Häuschen ohne Internet und mit Komposttoilette würden fahren wollen. Nun, die beiden sind mittlerweile über zwanzig, haben kaum einen Urlaub mit uns hier ausgelassen und soweit ich das beurteilen kann, haben sie hier einen Teil ihrer Wurzeln gesetzt.
Beim gemeinsamen Kümmern, Renovieren, bei Aus-, An- und Neubauten, beim Angeln, Pilze und Beeren sammeln und vor allem in den Winterferien mit ihren vielen dunklen Abenden am Kamin haben wir viel gelernt: zum Beispiel, wie man eine Walmdach baut, wie man einen Hecht filetiert, wie man mit Leinölfarbe malt und Holz vernünftig stapelt. Noch wichtiger ist aber, was wir über uns selbst gelernt haben, nämlich, wie sehr wir es brauchen, uns mit der Natur verbunden zu fühlen, wie gern wir selbstwirksam unsere Hände benutzen, um Dinge zu reparieren oder auch zu erschaffen und wie erfüllend es ist, für einander Zeit zu haben. Hierin liegt für uns ein unbezahlbarer Reichtum.
Aus diesen Erkenntnissen erwuchs langsam eine weitere, Konsequenz trächtigere: wir wollten in unserem Leben nicht mehr darauf verzichten, Zeit und Muße dafür zu haben, die Jahreszeiten kommen und gehen zu sehen, die Tiere um uns herum zu beobachten und uns selbst und einander in einer Welt, in der die Uhren langsamer ticken, auf neue Weise kennen zu lernen.
Die Medien sind bekanntlich voll vom Ruf nach Entschleunigung, Achtsamkeit, idyllischem Landleben und einer nachhaltigeren Lebensweise. Saßen wir da vielleicht gerade einem Modetrend auf? Wieviel würden wir im Zweifelsfall aufs Spiel setzen, um uns dieses andere Leben zu ermöglichen?
Eine Standortbestimmung
Wir wollten also ländlicher leben, aber wo und wie? Unser Prozess der Meinungsfindung war durchaus nicht linear und schon gar nicht primär kognitiv geleitet. Eine Freundin behauptete mal, unsere Ideen stammten aus dem Bauch, die Entscheidungen würden im Herzen gefällt und der Kopf diene in erster Linie der Umsetzung unserer Ideen und Entscheidungen. Unser Kopf kann gut Informationen sortieren, Analysen anstellen, Zeitpläne aufstellen. Er kann uns jedoch nicht sagen, wie und wofür wir leben wollen.
Der Weg, der uns am Ende auf einen Hof im schwedischen Småland geführt hat, bestand aus tausenden von kleinen Weichenstellungen, die uns in der Mehrzahl nicht bewusst waren. Ein paar Aspekte erscheinen mir jedoch wichtig. So hatte unser Sohn in seiner Zeit als Woofer in Norwegen bei einer Familie gearbeitet, die auf ihrem Hof permakulturelle Prinzipien anzuwenden versuchte. Das war das erste Mal, dass ich von Permakultur hörte. Jahre später stieß ich auf der Suche nach nachhaltigem Gartenbau wieder auf den Begriff, recherchierte und fand einen Ausbildungsort in unserer Nähe. So ließ ich mich zur Permakultur Designerin ausbilden.
Es war ein Glücksgriff, weil die ethischen Werte earth care, pepole care, fair share meinen Überzeugungen entsprechen, weil ich lernte, wie man nachhaltiges Leben planen kann und weil ich viele inspirierende Menschen kennen lernte.
Und dann wollte es der Zufall, dass im Winter 2019 ein Hof in der Nähe unseres Wochenendhauses in Småland zum Kauf stand, der nicht wirklich passend, aber doch interessant genug wirkte, um ihn anzuschauen.
Wir wollten eigentlich einen Hof mit etwas Wald, gern Fischerei- oder sogar Jagdrecht und großzügigen Stallungen. Nun, das Haus mit seinen knapp 4 Hektar Land, in das wir uns dann fast gegen unseren Willen verliebten, bot all dies nicht. Es war nicht das, was wir uns gewünscht hatten, aber es erweis sich als genau das, was für uns richtig war und für mich auch heute noch ist.
Es war nicht das erste Mal in meinem Leben, dass, nicht zu bekommen, was ich zu wünschen glaubte, sich als Segen erwies. Alles Großartige in meinem Leben hat seinen Weg zu mir gefunden, ohne dass es so auf meinem Wunschzettel gestanden hätte. Im Laufe der Jahre gewinne ich langsam ein Vertrauen, dass ich nicht zu wissen brauche, was ich für die Zukunft will. Es reicht, dass ich mit offenen Augen wahrnehme, was das Leben so mit sich bringt.
So wurden wir Eigentümer eines zu großen Hauses ohne Stallungen und ohne Plan, wann wir dort würden wohnen können. Dies geschah gerade im Frühling 2020, als die Corona Pandemie die Welt lehrte, wie wenig Menschen wirklich unter Kontrolle haben und wie vulnerabel unser Leben auf Erden ist.